Flüchtlinge zu Besuch im Religionsunterricht

Rhauderfehner Religionskurs lud Flüchtlinge für ein informatives und packendes Gespräch ein.

Von Daniel Hovenga

Beiträge über die aktuelle Flüchtlingsproblematik kursieren tagtäglich in den Medien.

Die Not der Menschen, die aus Angst vor Unrecht, Verfolgung und sogar dem drohenden Tod in ein sicheres Land fliehen wollen, beschäftigt zur Zeit die Religionskurse des 12. Jahrgangs am Gymnasium Rhauderfehn. Die Schülerinnen und Schüler sind davon überzeugt, dass eine christliche Gesellschaft sich der Herausforderung stellen muss, hilfsbedürftigen und notleidenden Menschen helfend zu begegnen. „Wir lernen im Religionsunterricht, dass der Mensch, und zwar jeder, ein Ebenbild Gottes ist. Daraus leiten wir ab, dass die Menschenwürde für alle gilt. Begriffe wie Nächstenliebe und „Goldene Regel“ wollen wir in tatkräftige Hilfe umsetzen“, sagt eine Schülerin, die anderen stimmen zu.

Aus diesem Grund, aber auch aus ganz persönlichem Interesse, um sich ein unabhängiges Bild direkt aus erster Hand zu verschaffen, lud der Religionskurs re216 unter Leitung der Religionslehrerin und Schulleiterin Frau Janssen drei afghanische Flüchtlinge zum lockeren Gespräch bei Tee und Keksen in den Unterricht ein. Da der tägliche Umgang der Schüler mit Asylsuchenden eher gering ist, entsandte man eine Delegation aus vier Schülern zum von der Gemeinde Rhauderfehn initiierten „Interkulturellen Treffen“ im Jugendcafé in Rhauderfehn am Markt. Dort konnten erste Kontakte mit Flüchtlingen geknüpft werden. Die restlichen Schüler erwarteten daher mit Spannung, aber durchaus auch mit etwas Unsicherheit die nächste Religionsstunde.

Einige Schülerinnen holten die drei Gäste an der Werftstraße ab und zeigten ihnen den Weg zum Klassenraum. Durch ein Kennenlernspiel, in dem aus einem Wollknäuel ein Netz geknüpft wurde, konnte die anfängliche Verlegenheit gut überwunden werden. „Spielen entspannt und zaubert ein Lächeln in jedes Gesicht“, wussten Maria und Aylin, die das Kennenlernen vorbereitet hatten, aus der Jugendarbeit.

Es folgte ein sehr interessanter Austausch mit den Flüchtlingen. Die Schüler erfuhren etwas zu den persönlichen (Flucht-)Geschichten der drei Männer aus Afghanistan. Einige der berichteten Erlebnisse während der zweijährigen Flucht durch halb Europa lösten Bedrücktheit, ja Bestürzung aus bei den Schülern aus. Erfreut waren sie hingegen über das Lob der Flüchtlinge über den offenen und hilfsbereiten Umgang mit ihnen seitens der Rhauderfehner Bevölkerung.

In dem auf Englisch geführten Gespräch erzählten aber auch die Schüler über die nähere Umgebung und Kultur. Es zeigte sich, dass bei der Integration der Flüchtlinge die Sprache das größte Problem ist, da Kommunikation ein Schlüsselelement in der heutigen Arbeitswelt ist. Selbst für einfachste Berufe muss man einander verstehen.

Um dies zu erreichen, scheuen die Asylbewerber, die in Collinghorst untergebracht sind, keine Mühen: zweimal pro Woche fahren sie nach Rhauderfehn und fünfmal nach Papenburg zum Deutschunterricht, und das alles mit dem Fahrrad.

Weiterhin wurde deutliches Interesse an einer Arbeit und an einer Anerkennung der bisherigen Berufsqualifikation (einer der Männer ist beispielsweise ausgebildeter Ingenieur) signalisiert, um selbst auf eigenen Beinen stehen zu können.

Die Gesprächszeit verlief wie im Fluge und erst nach einer Stunde konnte ein Ende für die fesselnde Unterhaltung gefunden werden.

Für die nächsten Wochen und Monate haben die Schüler für sich schon Aktionen für einen intensiveren Kontakt mit den Flüchtlingen erarbeitet, um die wertvollen Verbindung, wie bereits im Kennenlernspiel gelernt, nicht abreißen zu lassen.